Kinderreporterinnen: Frau Gewessler, bitte zum Interview!
Klimaschutz als Schulfach, die Energie der Sonne und Plastik in der Natur: was unsere Umweltministerin Leonore Gewessler darüber denkt.
Schulen, Straßen, Sicherheit und vieles mehr – in einer Regierung sind diese Themen auf Ministerinnen und Minister aufgeteilt. Als Umweltministerin entscheidet Leonore Gewessler (Partei: Die Grünen) zum Beispiel darüber, ob und wie wir mehr Strom aus Sonne, Wasser und Wind gewinnen können.
Jedes Kind, das heute zur Welt kommt, wird vom Klimawandel betroffen sein. Man könnte Klimaschutz als Schulfach anbieten. Damit wir lernen, wie man mit dieser Herausforderung umgeht.
GEWESSLER: Ich finde es wichtig, dass man sich mit diesem Thema beschäftigt – so wie ihr. Vor allem, weil ich gerne hätte, dass ihr in 30 Jahren, also wenn ihr so alt seid wie ich, ein gutes Leben haben könnt. Ob man sich in einem eigenen Schulfach damit beschäftigt oder in jedem einzelnen Fach, kann man sich überlegen. Wir haben jedenfalls in der Regierung vereinbart: In Schulen soll mehr über Umweltschutz gesprochen werden.
Und wann wird das umgesetzt?
In einer Bundesregierung gibt es mehrere Ministerinnen und Minister. Heinz
Faßmann ist für Bildung zuständig. Er arbeitet gerade am Lehrplan und daran, dass Umweltschutz in allen Fächern vorkommt. Ich frage immer wieder nach, ob das Projekt vorangeht.
Wie kommen wir zu einem ökologischen Schulbuffet für alle Kinder in Österreich?
Habt ihr in eurer Schule schon mal nachgefragt?
Nein. Wäre aber eine Idee.
Ich war früher Schulsprecherin. Auch damals war das schon ein Thema. Was gibt’s zu essen? Am schnellsten geht’s immer dann, wenn die, die bestellen, gerne sagen, was sie hätten. Zum Beispiel: Mir ist es wichtig, dass es in meiner Schule ein saisonales, regionales und biologisches Essen gibt. Und eine vegetarische Option soll es auch geben. Dafür machen wir gerade einen Aktionsplan. Dabei geht es darum, dass öffentliche Einrichtungen, die etwas einkaufen, möglichst nachhaltige Dinge kaufen.
Warum werden nicht öffentliche Gebäude wie Schulen mit Solaranlagen ausgestattet?
Wir wollen sogar noch mehr Sonnenenergie! Bis 2030 soll es eine Million Fotovoltaikanlagen (das sind Anlagen, die aus Sonnenenergie Strom gewinnen) auf Dächern geben. Wir arbeiten gerade an einem Gesetz dafür.
Welche Kraftwerke werden in Österreich überhaupt gebaut? Und ist noch mehr erneuerbare Energie geplant?
Ja, viel mehr! Unser Gesetz gibt Ziele vor – für mehr Energie aus Wind, Sonne, Wasserkraft und Biomasse, also Strom aus natürlichen Stoffen wie Holz. In den nächsten neun Jahren soll ungefähr so viel dazukommen, wie wir in den letzten 30 Jahren gebaut haben.
Andererseits gibt es immer wieder Proteste, wenn neue Wasserkraftwerke gebaut werden, weil Lebensraum verloren geht.
Die wichtige Frage ist: Wo brauchen wir Wasserkraft? Diesen Punkt haben wir in unserem Gesetz berücksichtigt: mehr erneuerbare Energie und trotzdem den schönen Alpenbach im Nationalpark schützen! Das Schöne ist: Beides geht sich aus.
Dosen und Flaschen landen oft in der Natur. In Österreich gibt es kein verpflichtendes Pfandflaschen-System. Wäre das nicht eine gute Idee?
Österreich ist ein schönes Land, aber wir haben ein Müllproblem in der Natur. Deshalb arbeiten wir an einem Pfandsystem. Aus anderen Ländern wissen wir, wie das funktioniert. Man kauft eine Flasche, zahlt Einsatz, bringt die Flasche zurück und bekommt sein Geld wieder. Wir starten noch in diesem Jahr ein sogenanntes Pilotprojekt. Das heißt, wir probieren zuerst verschiedene Möglichkeiten aus, um so die beste Lösung für Österreich zu finden.
Es gibt immer mehr Straßen. Der Boden wird dadurch verschlossen und abgedichtet und die Umwelt leidet. Wie kann man den Bodenverbrauch stoppen?
Beim Verbauen sind wir Europameister – ein Titel, auf den man nicht stolz sein kann. Im Herbst gibt es deshalb ein Bodenschutz-Gipfeltreffen. Dort werden wir Maßnahmen entwickeln. Außerdem schaue ich in meinem Bereich genau drauf. Alte Gebäude, die niemand braucht, sollen neu genutzt werden, anstatt die Wiese daneben zu verbauen. Auch klimafitte Ortskerne sind ein Thema. Wir wollen gemeinsam mit der Europäischen Union (EU) wieder Leben in die Ortskerne bringen. Nicht nur damit wir weniger Boden verbrauchen, sondern weil es schön ist, wenn man einen Ortskern hat, wo man sich wohlfühlt.
Viele Kleidungsstücke werden in fernen Ländern hergestellt. Menschen werden oft dafür ausgebeutet und schlecht für die Umwelt ist das auch. Warum bauen wir in Österreich keine eigene Textilindustrie auf? Dann bräuchten wir die Kleidung aus dem Ausland nicht mehr.
Das, was du ansprichst, ist ein großes Problem. Einerseits, weil wir für alles, was produziert wird, Rohstoffe verbrauchen. Wir haben aber nur den einen Planeten und damit müssen wir auskommen. Andererseits entstehen große Müllberge, weil wir die Sachen immer früher wegschmeißen. Andere Menschen zahlen dafür den Preis, weil viele Dinge unter schlechten Bedingungen hergestellt werden. Dieses Thema beschäftigt nicht nur uns, sondern auch alle anderen 26 Länder der Europäischen Union. Regionale Produktion ist ein großes Thema. Aber wir müssen uns auch um bessere Standards für Menschen in anderen Erdteilen kümmern. Damit alle von ihrer Arbeit gut leben können.
Es ist fast unmöglich Kleidung aus Österreich zu bekommen.
Es ist deshalb schwieriger, weil alles auf der Welt zusammenhängt. In Vorarlberg gab es eine große Textilindustrie, die jetzt zum Teil in anderen Erdteilen ist. Nachhaltig produzierte Kleidung, die sich in Europa ansiedelt, gibt es aber immer mehr. Wichtig ist auch, dass wir darauf schauen, was wir bestellen.
Schauen wir 20 Jahre in die Zukunft – wie wird sich Österreich aus Ihrer Sicht verändert haben?
Es ist mein Job, dass es besser wird. Ich bin seit einem Jahr Ministerin. Mein Antrieb ist, dass wir 2040 in einem noch schöneren Land leben. Es soll moderne Zugstrecken mit modernen Bahnhöfen geben, wo öffentliche Verkehrsmittel dann fahren, wenn ihr oder eure Eltern sie brauchen. Es gibt genug Ökostrom und eine gesunde Umwelt, damit wir 2040 gut leben können. Damit das gelingt, müssen wir jetzt viele Dinge gleichzeitig planen und tun.
Was machen Sie, um die Umwelt zu schützen?
Meine Dienstreisen mache ich mit dem Zug. In Europa geht das gut – nur nach China wird’s schwer. Dienstauto hab ich keines, weil ich gern mit dem Fahrrad fahre. Um ins Büro zu kommen, nehme ich oft die Öffis. Das ist deshalb nett, weil ich so mit Menschen ins Gespräch komme. Daheim versuche ich, möglichst regional, saisonal und bio einzukaufen. Außerdem verwende ich Ökostrom und trenne den Müll.
Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten? Und was am wenigsten?
Ich mag, dass man viele Gespräche führen muss, um die Menschen zu überzeugen. Euch muss ich nicht mehr überzeugen – ihr wisst, dass Klimaschutz wichtig ist. Aber Politik bin nicht nur ich, das sind viele Menschen. Man muss sich Gesetze überlegen und viele Interviews führen, um den Menschen davon zu erzählen. Was mir nicht gefällt: Ich bin sehr ungeduldig. Manche Dinge könnten manchmal schneller gehen.
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