Hausen: Der verschwundene Riese der Donau
Früher schwamm der Hausen mehr als 2000 Kilometer flussaufwärts, um hier seine Eier abzulegen. Dann wurde er von den Menschen so lange gejagt, bis diese Fischart bei uns verschwunden ist. Nun wollen ihn Forscher wieder zurück in die Donau bringen.
Heute ist der Wels der König der Donau. Besonders alte Exemplare können bis zu drei Meter lang und 300 Kilogramm schwer werden. Im Vergleich zu Zander, Hecht und Karpfen, die bis zu einem Meter lang werden können, ist er damit ein echter Riese.
Doch im Vergleich zum Hausen (auch Beluga-Stör genannt) ist selbst der Wels ein kleiner Fisch. Der Hausen kann bis zu 1,5 Tonnen wiegen, also so viel wie ein Nilpferd. Und es gibt Exemplare, die sechs Meter lang werden. Thomas Friedrich bezeichnet den Hausen gerne als „Mischung aus Hai und Drache“. Friedrich ist Stör-Experte und forscht an der Universität für Bodenkultur in Wien. Er will gemeinsam mit anderen Forscherinnen und Forschern dafür sorgen, dass diese Stör-Art irgendwann wieder in der Donau heimisch werden.
Der Hausenhacker
So wie früher, als die Fische mehr als 2000 Kilometer vom Schwarzen Meer bis nach Österreich und Bayern schwammen, um hier ihre Eier abzulegen. „Fische wollen immer dort ablaichen, wo sie selbst aus dem Ei geschlüpft sind“, sagt Friedrich. Die Menschen an der Donau entdeckten bald, dass der Hausen besonders gutes Fleisch hat. Vor allem im Mittelalter wurde Jagd auf ihn gemacht. Aus dem Fleisch wurden Würste, Leberknödel und andere Gerichte hergestellt.
„Damals gab es sogenannte Hausenhacker, die aus Fischhaut und Schwimmblase Leim, Heftpflaster oder Sulzen herstellten“, erzählt Friedrich. Der Hausen wurde dann aber so oft gefangen, dass er irgendwann aus der Donau verschwunden ist. Heute kommen diese Fische nur noch vereinzelt im Schwarzen Meer und im Kaspischen Meer vor.
Versperrte Wege
Auch die Kraftwerke, die entlang der Donau gebaut wurden, haben dazu beigetragen, dass der Hausen bei uns heute ausgestorben ist. Dadurch konnten die Fische ihre Laichplätze nicht mehr erreichen. An den Kraftwerken gibt es zwar sogenannte Fischaufstiegshilfen. Das sind Wege im Wasser, die es den Fischen erleichtern sollen, an einem Kraftwerk vorbeizuschwimmen. Die Fischaufstiegshilfen sind aber nicht tief genug. Störe leben am Grund und können diese Wege nicht nutzen.
Aufzuchtstationen
Früher gab es fünf verschiedene Stör-Arten bei uns in der Donau. Heute gibt es dort nur noch den Sterlet. Doch leider ist auch er bedroht. Damit diese Art nicht auch irgendwann verschwindet, ziehen Forscherinnen und Forscher in einer eigenen Aufzuchtstation Sterlets heran, die sie dann in der Donau aussetzen. Damit sie dort überleben können, werden sie schon im Donauwasser aufgezogen und bekommen auch von Beginn an das Futter, das sie dann auch im Fluss finden.
Auch die Hausen sollen irgendwann wieder in der Donau heimisch sein, sagt Friedrich. Deshalb ist auch eine eigene Aufzuchtstation für Hausen geplant. „Diese Station bauen wir gerade auf einem alten Frachtschiff auf, das dann in Wien vor Anker liegen wird“, sagt der Wissenschaftler. Damit die Fische irgendwann wieder in der Donau leben und sich vermehren können, braucht es an den Kraftwerken spezielle Fischaufstiegshilfen, die auch Störe nutzen können. Auch solche Aufstiegshilfen gebaut werden, wird es noch viele Jahre dauern, bis die Hausen in der Donau wieder heimisch sind. Denn bis ein weiblicher Hausen das erste Mal Eier legen kann, dauert es ungefähr 20 Jahre.
Warum ist es wichtig, dass der Hausen auch bei uns wieder heimisch wird? „Weil diese Art vom Aussterben bedroht ist. Das wollen wir verhindern. Denn wenn immer mehr Tierarten aussterben, gerät die Natur aus dem Gleichgewicht. Jede Tierart hat eine wichtige Aufgabe, um die Erde gesund zu erhalten“, erklärt Friedrich.